FRAGE: SPRECHEN SIE MODISCH?

Entschuldigung, sprechen sie modisch? Unser Kleiderschrank flüstert ein Gedicht von Selbstinzenierung, Freiheit und Stimmungsschwankungen… das muss man erstmal verstehen!

Wie in jeder Sprache muss man für ein flüssiges Gespräch gewisse Vokabeln und Grammatik beherrschen. So auch in der Mode-Sprache. Sie setzt sich aus den gängigen Vergangenheitsformen zusammen, die grundsätzlich auch ihre Daseinsberechtigung in der Gegenwart haben. Man kann die Sprache aktiv oder passiv benutzen, laut oder leise damit kommunizieren und verschiedene Nachrichten aussenden. Wie zum Beispiel der immer wieder aufgegriffene 60s und 70s Trend: Hippie, Flowerpower, Maxikleider und Fransen so weit das Auge reicht.

Für immer gefangen im Bann des Zitats.

Der ursprüngliche Beweggrund für diese lässigen Looks hatte einen politischen und emanzipatorischen Hintergrund für die Generation. Die Mode konnte den jungen Rebellen dabei helfen ihre Statements nach außen zu tragen, sich in der Gesellschaft zu positionieren und sie dabei unterstützen im Geiste die Welt zu verändern. Allein der Look reichte schon aus, um sich von den anderen abzuheben und „FREE LOVE, PEACE & HARMONY“ nach außen zu tragen. Im wahrsten Sinne des Wortes.

Heute spricht die Mode keinen so deutlichen Dialekt mehr. Um die Menschen einordnen zu können reicht es nicht, nur den Alltagslook zu bewerten. Trifft man einen scheinbaren Hippie im Stadtbild, heißt das noch lange nicht, dass diese Person Wohlstandsideale in Frage stellt, in einer Kommune lebt, Hermann Hesses ‚Steppenwolf‘ gelesen hat oder sich regelmäßig LSD Trips hingibt. Vielleicht trifft man die selbe Person am nächsten Tag nicht in der Stadt, sondern bei einem Familienessen im Restaurant und plötzlich sind die Sandalen von gestern durch Pumps ersetzt, die Tunika durch eine weiße Bluse und statt Federohringen zieren jetzt dezente Perlen das Ohr.

Tja, was soll man davon halten?

Irgendwie signalisiert uns die Modebranche ja tagtäglich wie viele Optionen man hat, durch viele verschiedene Trends, die gleichzeitig stattfinden. Heißt das im Umkehrschluss für die Persönlichkeit, dass man sich nur für eine Sache entscheiden darf? Leichter wäre es. Sowohl für die Aussage die man nach außen kommuniziert, als auch für die Kombinationsmöglichkeit mit dem Rest der Garderobe.

Für die unentschlossenen Geister, mit emotionalen Höhen und Tiefen, Wetterfühligkeit und Farbsensibilität besteht die neue Herausforderung darin, all die Facetten der Persönlichkeit mit einem Outfit nach außen zu transportieren. Damit die eigene Stimmung am besten ausdrückt werden kann, bieten uns die Designer halbjährlich neue Inspirationen, die erstaunlicher Weise immer ganz gut zu dem eigenen Gemütszustand passen. Aber was war nun zu erst da: Das Huhn oder das Ei? Der Trend oder die Stimmung? Ist die Mode etwa als eine manipulative Ausdrucksform unserer Selbstdarstellung zu verstehen?

Früher einmal, als Mode noch Aufsehen erregte und die Gesellschaft revolutionierte, da kamen die Trendströmung gewiss aus den Subkulturen oder von einzelnen Designern.

So war es die legendäre Mary Quant, die 1965 den Minirock auf Londons Straßen brachte und hier den Skandal des Jahrhunderts zu verantworten hatte. Vorherrschende Modekonventionen wurden mit diesem winzigen Stück Stoff gebrochen und die Frauen fühlten sich dazu aufgefordert ihre Garderobe endlich frei gestalten zu dürfen. Mit ganz viel Beinfreiheit und sogar Schildern wurde gegen das vorherrschende Spießertum und konservative Verhaltensmuster protestiert.

Heutzutage kann uns garnichts mehr schocken. Wir haben doch alles schon gesehen. Jeden Schnitt, jedes Körperteil, einfach alles. Was bleibt der Branche also anderes übrig, als die wilden Zeiten zu zitieren, in denen die Menschen mit der Mode noch in den Dialog getreten sind? Apropros Zitat: Schon die Schriftstellerin Virgina Woolf (* 1882 –  1941) erkannte „Kleidung hat wichtigere Aufgaben, als uns zu wärmen. Sie verändert unseren Blick auf die Welt und den Blick auf uns.“



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